Der Gasthof Goldgasse und das Kochbuch von Conrad Hagger [Werbung ohne Bezahlung]

 

Viele werden sich jetzt fragen, was hat der Koch Conrad Hagger mit dem Restaurant Goldgasse zu tun. Nun, in der Gaststube Goldgasse ist in einer aufgehängten Schaukasten an einer Wand ein altes Kochbuch ausgestellt. Dieses Kochbuch stammt von Conrad Hagger. Wer sich für das Kochbuch ohne Kupferstiche interessiert, kommt am Ende des Artikels zu einem Link, wo man das Kochbuch in 2 Teilen downloaden kann. Auch kommt im Artikel vor, wie das Team der Goldgasse ein Gericht wunderbar umsetzt!

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© bushcook

Das Buch ist in Leder gebunden und mit 2 Metallspangen verschlossen. An den Spangen sind zwei Ösen, die auf die Spangen gedrückt werden. Es wird zur Zeit im ZAVB (zentralen Verzeichnis antiquarischer Bücher) mit 13.000 Euro gehandelt.

An den Wänden findet man Fotodrucke, die aus dem Buch stammen.

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© bushcook

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© bushcook

Interessant ist für mich auch, dass man diesen Fotodruck auch auf sein eigenes Zuhause anwenden kann.

Conrad Hagger schrieb um 1718 eines der bedeutendsten und schönsten deutschsprachigen Kochbücher mit Rezepten aus der Hofküche Salzburgs. Welches lange und vor allem an den österreichischen und süddeutschen Höfen maßgeblich war, beinhaltet etwa 2500 Rezepten für Fleisch- und Fastensuppen, Fisch- und Mehlspeisen sowie Pasteten und Torten und enthält dazu auch 305 ganzseitige Kupferstiche, imposante Vorschläge für die Gestaltung und Verzierung von Schaugerichten.

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Als die erste Ausgabe des Kochbuchs erschien, war Conrad Hagger bereits 52 Jahre alt. Dieses Buch erschien bei Jakob Lotter (I) in Augsburg, der ein sehr guter Kartograph und Kupferstecher war. Augsburg war im beginnenden 18. Jahrhundert die Zentrale des Kupferstichs. Ich vermute, da Conrad Hagger seine Illustrationen unbedingt mit Kupferstichen machen wollte, ging er nach Augsburg und nicht nach Wien, um dieses Buch drucken zu lassen. Es besteht aus einem einzigen Band mit mehr als 1700 Seiten und wurde im Mischsatz d.h. der Einsatz verschiedener Typen sowie Rot- und Schwarzdruck zur Untergliederung und Hervorhebung gedruckt. Der Schrifttyp ist eine barocke Fraktur: ähnlich der „Lutherischen Fraktur“ aus der 2ten Hälfte des 16 Jh.. In der Zeile, in der die kleinen „g`s“ oben so einen markanten Querbalken haben, findet man die Schwabacher, welche keine Fraktur, sondern eine eigene Druckschrift der Spätrenaissance und der Zeit danach ist. Für die Barockzeit typisch wurden die Seiten überladen und langatmig gedruckt. Viele leere Flächen findet man in diesem Buch nicht.

Es erschien bei Johann Jakob Lotter in Augsburg. Der Verleger begann mit dem Druck im Jahre 1718. Da sich der große Erfolg des Kochbuchs bald abzeichnete, fürchtete Lotter, dass andere Buchführer oder Buchdrucker, aus unzulässiger Gewünnsucht besagtes Buch zu seinem größten Schaden nachdrucken und verkaufen könnten. Daher bemühte er sich in Wien bei Kaiser Karl VI. um ein kaiserliches Privileg, welches ihm das alleinige Druck- und Verkaufsrecht auf sechs Jahre sicherte. Sollten andere Buchdrucker auch nur Teile aus dem Kochbuch nachdrucken, müssten sie eine Strafe von „sechs Mark löttigs Goldts“ zur Hälfte an die kaiserliche Kammer, zur anderen Hälfte an Johann Jakob Lotter bezahlen.

Das Buch ist in 4 Teile unterteilt

  1. 417 Suppen, davon 80 % Fleischsuppen
  2. Pasteten, Torten und Backwerk
  3. 850 Fleischgerichte
  4. Fisch- und Fastenspeisen

sowie ausführliche erläuternde Inhaltsregister nach jedem Teil.

Was heute als umweltbewusst, regional und nachhaltig gilt, wurde von Cornrad Hagger als „einheimisch“ bezeichnet. Viele Gerichte gehen in Richtung süß-sauer. Für Einsteiger sind diese Rezepte nicht geeignet, denn es fehlen die Erläuterungen, die einzelnen Arbeitsschritte und Maß- bzw. Gewichtsangaben sowie die Angabe der Garzeiten. Für geübte Köche ist dieses Buch eine tolle Ideenfundgrube. Bei Fleisch- und Fischgerichten wurde von den Ohren bis zur Klaue alles verarbeitet. Mit vielen Schaugerichten, wie es in der Barockzeit in hohen Häusern üblich war.

Aus dem Leben des Haubenkochs

Der berühmteste Koch in der Geschichte Salzburgs ist Conrad Hagger. Er wurde am 3.März 1666 als Sohn eines zu Marbach und Rebstein wirkenden Hofmannes im Rheintal geboren. Er begann seine Lehre in der Klosterküche von St. Gallen und schloss schließlich seine Ausbildung beim Augsburger Stadtkoch Johann Ludwig Prassin ab; seinen Lehrbrief erhielt er anlässlich der Krönung Josephs I., die am 24. Januar 1690 überaus festlich in Augsburg gefeiert wurde. Anschließend trat Conrad Hagger als Suppenkoch in die Dienste des Fürstbischofs von Chiemsee, Siegmund Ignaz Grafen von Wolkenstein (r. 1687 – 1696). Sein Nachfolger, Siegmund Carl Graf von Castelbarco (r. 1697 – 1708), übernahm Hagger in seine Dienste. Beide Fürstbischöfe durfte er auf ihren Reisen nach Mailand, Innsbruck und Wien begleiten, wo er nach eigenem Urteil „wol was gesehen und erfahren“ hat. Im Jahre 1701 trat Conrad Hagger über eine Empfehlung seines Dienstherrn beim Fürsterzbischof Johann Ernst Grafen von Thun die Stelle als Stadt- und Landschaftskoch in Salzburg an. Er wurde vom Stadtrat als Bürger aufgenommen und erhielt bei dieser Gelegenheit die Erlaubnis, auch „die weibs=bilder in Kochen zu undterrichten“. Es dauerte nicht lange, bis Conrad Hagger nach eigenem Urteil „dem ganzen allhiesigen Adel, und der sammtlichen Gemeindewol bekannt“ war.

Nach seinem Dienstantritt als Stadtkoch geriet Hagger mit den bürgerlichen Gastwirten regelmäßig in Konflikt. 1711 erwirkten sie einen scharfen Hofratsbefehl gegen ihn, dass er zwar Pasteten und Backwerk für Einzelkunden zubereiten, jedoch in oder vor seinem Haus keine Art Gastlokal betreiben durfte. Auch war es ihm in Zukunft strengstens untersagt, Hochzeits-, Verlobungs- und Taufmähler auszurichten, außer er wurde in das Haus eines Kunden „allein umb den Lohn zum Kochen“ gerufen. Conrad Hagger glückte der Kauf eines Anteils des Hauses Getreidegasse Nr. 23 tatsächlich, welches nach seinem neuen Besitzer bald das „Stadtkochhaus“ genannt wurde. Unverzüglich begann Hagger mit der Umgestaltung und Renovierung des neuen Eigentums. Im Frühjahr 1709 bemühte er sich beim Stadtrat um die Erlaubnis zur „Zuerichtung eines Zimmers“, in dem „alles gwölbt“ war, und um die Anlage einer Feuerstätte, über der ein „Camin in ainenhevor stehenden weithenrauchfang“ eingezogen werden sollte. Nach einem Lokalaugenschein des Stadtbaumeisters und des Stadtschreibers erhielt er die Zustimmung, den Umbau gemäß dem eingereichten Plan vorzunehmen. Der Hauskauf hatte Haggers Finanzen zerrüttet, weshalb er sich ein zusätzliches Einkommen suchen musste. Conrad Hagger musste 1741 seinen Hausanteil verkaufen. Das Haus steht in der Getreidegasse 23 und ist jetzt die Schmuckpassage. Im 81. Lebensjahr starb der ehemalige Stadtkoch in Salzburg und wurde am 9. Januar 1747 auf dem Petersfriedhof begraben. Gott dem obersten Kuchen = und Speise = Herrn, zu Preiß und Ehren.

Der Autor schrieb sein Werk für den Gebrauch an hochfürstlichen und vornehmen Höfen, Klöstern und Herrenhäusern, als nützliche Rezeptesammlung für Hof- und Hausmeister sowie Köche und Einkäufer. In seinem Kochbuch beschreibt Conrad Hagger die Zubereitung von mehr als 2.550 Speisen, besonders aufwändige Kreationen werden in über 300 Kupferstichen veranschaulicht. Am Beginn stellt Hagger dem Leser sein von der Kochkunst geprägtes Weltbild vor: Er sieht den Menschen als den von Gott eingesetzten „Fürsten des runden Erd = Crayses“, zu dessen Nutzen alle „lebendigen als auch leblosen Creaturen“geschaffen seien. Allein durch seinen unmäßigen Appetit nach der verbotenen Frucht habe der Mensch einst das Paradies, Gottes „edlen Kuchel und WürtzGarten“, verloren. Mit jeder Generation, die sich nach Adam in Unkenntnis des Paradieses fortgepflanzt hätte, habe das Wissen um edle Speisen abgenommen. Besonders nach der Sintflut herrscht solche Dummheit und Barbarei, dass die Menschen kulinarisch betrachtet gleichsam ein Leben wie „Bestien geführt hätten. Nur Gottes unaussprechlicher Güte sei es zu verdanken, dass sich „nach und nach alles wiederum cultiviret“ habe und die Zubereitung von Speisen wieder eine Wissenschaft und von Fürsten und Herren hochgeachtete Kunst geworden sei. Hagger bedauert, dass bisher wenige Kochbücher erschienen und die vorhandenen somit verjährt und vergriffen seien. Da die Kochkunst seit Rumpolt aber merklich zugenommen habe, wolle er „Gott dem obersten Kuchen und Speise, Herrn, zu Preiß und Ehren“ dieses „Neue Saltzburgische Koch=Buch“ drucken lassen. Vor allem für die jungen, noch unerfahrenen Köche solle sein Kochbuch „zu Diensten und Nutzen“ sein, da diese neuerdings gleich nach der Lehrzeit in den Dienst einer Herrschaft treten würden und für die wichtigen Wanderjahre folglich keine Zeit mehr bleibe. Aber das Kochbuch solle auch für die schon erfahrenen Köche ein wertvolles Nachschlagwerk sein. Der ideale Koch ist laut Hagger ein gesunder, wohl gelehrter, geschickter, geschwinder, wohlbedachter, aufgeräumter, treuer, frommer und fleißiger Mann. An erster Stelle steht die Kenntnis sämtlicher Zutaten, die „zu menschlicher Unterhaltung, Speiß und Tranck gut und nothwenig seynd“. Dann müsse der Koch „Art und Unterschied der vielfältigen vierfüßigen Thier“ kennen. Köstliche Speisen könne man aus vielen Vögeln zubereiten. In der Fastenzeit seien alle in- und ausländischen Fischarten von Interesse, besonders solche aus Holland, Ungarn und Italien. An „Stauden, Dorn, und Baum = Frücht“ erwähnt er Apfel, Birne, Zitrone, Orange, Pfirsich, Marille, Pflaume, Zwetschke und Weichsel, dazu noch Holunder-, Johannis-, Stachel-, Maul-, Erd- und Himbeere. Ein Koch müsse Suppen, Backwerk – wie Pasteten und Torten –, gesulzte und kalte Speisen zubereiten können, aber auch Schokolade, Limonade und Kaffee, geröstete Mandeln, mit Zimt und Schokolade überzogen, dazu die „weiß, braun und rothe Zucker = Zeltlein“, die „allerhand Geruch machen“. Hagger schreibt auch von Glasfrüchten, die man zum Haltbarmachen einkocht, womit er Marmelade meint. Auf den ersten Blick müsse der Koch erkennen, ob sich Fisch oder Fleisch zum Sieden, Braten oder Dünsten eigne bzw. ob die Einzelteile „in die Pasteten zuverhacken, und einzumachen“ seien. Bei jeder Schüssel sei aufgrund der unterschiedlichen Größe „rechte Theilung und Maß “ zu bedenken, er dürfe nicht zu sparsam und nicht zu verschwenderisch mit den Zutaten umgehen. Die Viktualien seien auf ihre Haltbarkeit zu prüfen, ob sie „zu siedn, zu dämpfen, oder zu braten“ seien, ob man sie mit Gewürz, Speck, Butter, Essig oder Öl verfeinern müsse. Wie man mit offenem oder zugedecktem Feuer die richtige Temperatur erziele, sei für den Koch eine wichtige Wissenschaft. Nicht zuletzt müsse sich der Meisterkoch um gutes Material und Holz, fleißige Mitarbeiter, genügend Platz und ein „bequemes Geschirr“ bemühen, damit seine Arbeit vorzüglich gelingen könne.

Auch gibt Hagger Tipps, wie ein Koch gute und beständige Dienst abhalte: Er solle mit saubern Händen alle Sachen sauber butzen, und von allem Unflat reinigen. Seiner Aufmerksamkeit dürfe nichts in der Küche entgehen, damit ihm nicht die „Speiß durch einen Stoß, Guß, oder Wurff verbrennt, verderbt, und zu Grund gehet“. Alle Gerichte solle er sauber, ordentlich und vor allem rechtzeitig anrichten. Auch Geschirr, Tisch, Bretter und Tücherhabe so sauber wie möglich zu halten, um die Anerkennung seiner Herrschaft zu erringen. Haggers Hauptaugenmerk gilt also der unbedingten Reinlichkeit in der Küche.

Conrad Haggers Monumentalwerk ist zu seinen Lebzeiten in drei Auflagen – 1718, 1719 und 1721 in Augsburg erschienen. Viele wollten die Salzburger Genussbibel besitzen, doch aufgrund der teuren Kupferstiche und des gewaltigen Umfangs konnten sich dieses Buch nur Menschen mit gut gefülltem Geldbeutel leisten. Für schmälere Börsen wurde 1765, also bereits nach seinem Tod, in Salzburg ein 256 Seiten umfassender Auszug gedruckt, der auf die teuren Illustrationen verzichtete.

Das 1719 veröffentlichte Exemplar von Haggers Kochbuch aus der Universitätsbibliothek besteht aus einem einzigen Band. Der Betrachter steht staunend vor einem Wälzer enormen Ausmaßes: Auf mehr als 1.700 (!) Seiten eröffnet sich uns der kulinarische Himmel des Salzburger Barocks. Aus dieser Fülle eine Auswahl an Rezepten zu treffen, die repräsentativ für das Werk stehen, ist nahezu unmöglich. Allein der Abschnitt über Suppen, eingeteilt in Fleisch- und Fastensuppen, enthält 417 Rezepte. Darunter finden wir Klassiker der Kochkunst wie Rindsuppe oder verschiedene Varianten von Hühner- und Gemüsesuppen, aber auch gewöhnungsbedürftige Kreationen, die Kuheuter, gedämpfte Frösche oder Tannenhäher verkochen. Reich mit Kupferstichen bebildert ist der Abschnitt über Figurpasteten und Schautorten, die, wie Hagger schreibt, nur zu hohen Festlichkeiten und an Fürstenhöfen zubereitet wurden.

Oft bestanden die aus Silber gefertigten Tortenaufsätze aus mehreren übereinander positionierten Schüsseln oder Platten, die mit feinem Konfekt, Figuren aus Zuckermasse, bunten Gelees und ein-gemachten Früchten bestückt wurden. Oder man formte aus Teig die Anfangsbuchstaben des zu Beschenkenden, die Zahlen für eine Hochzeitstorte oder einen Anker als Liebessymbol auf einer herzförmigen Torte „vor ein Liebste“.Die Kapitel über Fleisch- und Geflügelgerichte überraschen nicht nur durch Quantität, sondern auch durch Originalität: 850 Rezepte für Fleisch- und Wildgerichte sowie 281 Variationen für Geflügelspeisen verarbeiten alle auch nur ansatzweise essbaren Teile eines Tieres, von der Klaue bis zu den Ohren. Wir lesen von Ochsenhirnsemmeln, Mastdarm vom Ochsen, Nierenmus, Ziegeneuter, Schafshoden, Hirschohren und (jungem) Hirschgeweih, Bärentatzen, Murmeltierpastete, Eichhörnchenbraten, gedämpftem Adler oder gebackenen Amseln mit Wacholdersauce. Auch ein Rezept für Strauß im Ganzen hat Hagger parat, wenngleich er zugibt, dass dieser „zu Saltzburg ein rare Speiß“ ist. Bedingt durch die vielen Fastentage musste der Abschnitt über Fischgerichte umfangreich ausgestaltet werden. In 542 Rezepten wird die Zubereitung von einheimischen und importierten Fischen, aber auch von Bibern, Fischottern, Schildkröten, Krebsen, Fröschen, Schnecken, Kaviar und Austern beschrieben. Viele der von Hagger genannten Fischarten sind heute noch auf der Speisekarte vertreten, fast gänzlich verschwunden sind jedoch der Hausen – ein bis zu sechs Meter langer und bis zu 1,2 Tonnen schwerer Stör – oder die Neunaugen. Das letzte Großkapitel ist zwar mit „Mehlspeisen“ überschrieben, doch finden wir darin auch eine stattliche Anzahl an Rezepten zur Gemüse- und Obstzubereitung und einige wenige Anleitungen zur Herstellung von Säften und Eis. Anfang des 18. Jahrhunderts zählte die Kunst, Speiseeis herzustellen, zu den besonderen Fertigkeiten, und selbst ein Conrad Hagger musste dafür nochmals in die Lehre gehen, was ihn, wie er nicht ohne Stolz betont, „zu erlernen allein 11 Gulden gekostet“. Immer wieder trifft man in der Literatur auf die Behauptung, das Ur-Rezept für die berühmten Salzburger Nockerl sei bereits im Haggerschen Kochbuch zu finden. Allein es ist weder bei den Eierspeisen noch beim Schmalzgebackenen oder beim Ofen-Gebäch auch nur eine Vorstufe des flaumigen Wunderwerks zu finden. Doch auch ohne dieses Salzburger Traditionsgericht läuft uns allein bei den Namen der Haggerschen Rezepte das Wasser im Mund zusammen: Strudel mit Fülle in vier Farben, Semmelknödel in Obers gekocht, Spinat- und Dampfnudeln.

Haben Sie schon einmal einen Schokoladen-Brotkuchen gegessen? Das Mehl wurde durch geriebene Schwarz-Brotbrösel ersetzt und mit Dutzenden von Eiern gebacken, eine Köstlichkeit, die auch im 19. Jahrhundert in vielen privaten Kochbüchern noch aufschien. Mit einem Blick in andere Kochbücher der Zeit, empfehle ich Krebssuppe, gebratenen Auerhahn, Huhn in Schokoladensauce, Pfefferhuhn oder Rebhuhn mit Sandellensauce. Kalbfleisch als Lachs zubereitet zeigt die barocke Attitüde, die Nahrungsmittel bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen, so dass ihre ursprüngliche Form und Herkunft nicht mehr erkennbar waren. Wem fiele heute bei völlig geänderter Essideologie, die auf Unverfälschtheit und den Eigengeschmack der Ingredienzien zielt, ein, diese lukullische Mimikry gut zu heißen? Welche Überraschung, wenn sich das barocke Brot als süßer Pudding herausstellte, der Lachs aus Fleisch, das Fleisch aber aus Fisch war. Verblüffen, Zur-Schau-Stellen, Prunken und Repräsentieren waren wesentliche Merkmale barocker Schlemmerei für die, die es sich leisten konnten, ein mehrdimensionales Erlebnis. Über die „Feste“ derer, die von Limonen und Pomeranzen nur träumen konnten, für die ein Stück Weißbrot aber ein wirkliches Fest war, über die sprechen wir hier nicht, aber wir denken an sie …

Der Übergang von diesem Kochbuch zum Gasthof Goldgasse, ist der, dass hier das berühmte Backhendl aus dem Buch auf geniale Weise umgesetzt wird. Küchenchef ist Philippe Sommersperger, der vorher Chef de Garde im Hanger 7 war und ein Juwel für Salzburgs ist. Gastronomischer Leiter ist Christoph Seiler, der davor im Art Hotel Blaue Gans die kulinarischen Geschicke leitete. Martin Pichler ist der Executive Chef, der im Restaurant Riedenburg mit Richard Brunauer jahrelang den kulinarischen Ton angab und mir bei der Recherche geholfen hat. Auch Sous Chef ist Florian Mayer . Und wieder sieht man, wie sehr die Chemie zwischen Bayern und Salzburger passt.

Ein Backhenderl mit Erdäpfel-Gurkensalat ist es eines der zahlreichen »Signature-Gerichte« des Hauses.

Dass dabei nicht irgendein Henderl, sondern ein steirisches Maishuhn auf den Teller kommt, versteht sich von selbst. Die Hendlstücke werden vorher mit Sauerrahm und Gewürzen mariniert. »Die Milchsäurebakterien machen das Hendl noch einmal weicher«, weiß Sommersperger.. Wichtig sei auch, dass man nicht nur die Brust verwendet, sondern auch die Haxerl auslöst. »Die sind einfach noch saftiger«. Aus der Marinade genommen, werden sie in feinstem Butterschmalz rausgebraten. Eventuell muss man sie im Ofen noch einmal nachziehen lasen. Dazu gibt es selbst eingekochte Preiselbeeren und einen lauwarmen Erdäpfel-Gurkerl-Salat mit einer Marinade aus Apfelessig, fein geschnittenen Schalotten, Öl, Salz, Pfeffer und Senf. Serviert wird das Backhenderl in schicken, mit Almheu ausgekleideten Kupfertöpfchen. Eine Erinnerung an die Geschichte des Hauses, welches 1573 erbaut wurde, war früher hier doch einmal eine Kupferschmiede beherbergt.

Weil auch Slow Food wieder jene Köche bevorzugt, welche sich der überlieferten Kochkunst verschrieben haben, wurde der Gasthof Goldgasse 2014 ausgezeichnet. Aber noch mehr möchte ich über den Gasthof nicht mehr schreiben, weil ich einer Kollegin empfahl, den Gasthof zu besuchen, die aber an einem ganzen Wochenende keinen Platz bekam. Schließlich möchte auch ich dort wieder essen.

Den Link zum downloaden des Kochbuchs ohne die Kupferstiche ist hier:

Im Münchner DigitalisierungsZentrum (MDZ) kann man das Kochbuch ohne den Kupferstichen in zwei Teilen herunterladen. Hier ist der Link:

MünchnerDigitalisierungsZentrum – Digitale Bibliothek

Bitte in der Suchmaske nur Hagger eingeben und beide Teile werden zum Download angezeigt. Ich hoffe, dass Ihr die Schrift lesen könnt und viel Spaß damit habt.

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